Margot Käßmann

„Menschen aus fremden Ländern bei uns vor Ort zu begegnen, ist eine Chance zur Bereicherung.“

Margot KäßmannEvangelisch-lutherische Theologin und Pfarrerin, 2009-10 Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland
Heinrich Bedford-Strom

„Integration ist eine Zweibahnstraße. Damit verschiedene Kulturen nicht wie abgeschlossene Inseln nebeneinander existieren, sondern gemeinsam und im Austausch miteinander zum sozialen Zusammenhalt beitragen können, müssen die kulturellen Traditionen von Zuwanderern auch einen Platz im öffentlichen Leben des Aufnahmelandes finden können.“

Heinrich Bedford-StromBayerischer Landesbischof, EKD-Ratsvorsitzender

Vielfalt als Chance

Es ist eine Binsenweisheit, dass die Bundesrepublik Zuwanderung braucht, um genügend Fachkräfte für den Arbeitsmarkt zu gewinnen und die Sozialsysteme auf lange Sicht stabil zu halten. Der deutschen Wirtschaft werden nach Prognosen von Unternehmensberatern im Jahr 2030 wegen der geringeren Bevölkerungszahl rund 6,1 Millionen Arbeitskräfte fehlen. Gleichzeitig gibt es aber die weitverbreitete Sorge, dass der Zustrom an Flüchtlingen und Migranten/innen nur zu Belastungen führt – oder gar zur Überfremdung.

Tatsächlich besteht in der Zuwanderung auch die Chance der Bereicherung von Gesellschaft und Kirche, eine damit verbundene wachsende Offenheit und eines fruchtbaren Austausches. Ein gutes Beispiel für eine solche Bereicherung sind Gemeinden anderer Sprache und Herkunft, die sich teilweise unter dem Dach von Kirchengemeinden, aber auch in Hinterhöfen, alten Fabrikgebäuden und Mietshäusern gebildet haben und ihr gottesdienstliches und gemeindliches Leben führen. Zwischen den Kirchengemeinden vor Ort und den ausländischen Gemeinden kommt es immer öfter zum Dialog und Austausch. Das bereichert auch das Gemeindeleben hierzulande.

„Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.“

Bibel, Matthäus 25, 35

„Ein Volk, das seine Fremden nicht ehrt, ist dem Untergang geweiht.“

Goethe

Auftrag Gottes

„[…] Es gehört zu den elementaren Aufgaben der Christenheit und der Kirchen, für verfolgte und gefährdete Menschen einzutreten. Das biblische Gebot, den Fremden zu schützen, findet sich in ähnlichem Wortlaut an verschiedenen Stellen der Bibel. Im 3. Buch Mose im 19. Kapitel heißt es: „Wenn ein Fremder bei dir lebt in eurem Land, sollt ihr ihn nicht bedrängen. Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten, der bei euch lebt. Und du sollst ihn lieben wie dich selbst, denn ihr seid selbst Fremde gewesen im Land Ägypten. Ich bin der Herr, euer Gott.“ Die Bedeutung des Schutzes des Fremden ist in der Geschichte Gottes mit seinem Volk selbst begründet: Die Israeliten fliehen mit der Hilfe Gottes vor Armut und Unterdrückung durch die Ägypter in die Wüste. Erst nach vielen Jahren der Wanderung findet das Volk ein neues Zuhause im ihnen fremden Land Kanaan. Das Volk Gottes hat selbst Migrationserfahrung. Der Auftrag Gottes, den Fremden aufzunehmen, findet sich auch in der Verkündigung Jesu. Es ist eines der sieben Werke der Barmherzigkeit, die Jesus in seiner Rede vom Weltgericht nennt: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.“ Der Auftrag Gottes ist klar. Kirche und Diakonie setzen dieses Gebot in ihrer Arbeit um, wenn sie sich (kirchen-)politisch für die Rechte von Flüchtlingen einsetzen und die Menschen vor Ort begleiten. Aber auch jede und jeder von uns kann etwas dazu beitragen, dass Flüchtlinge in Deutschland ein neues Zuhause finden.

Die Perspektive der Arbeit mit Asylsuchenden hat sich dabei in den letzten Jahren verändert. Flüchtlinge werden nicht mehr als Objekte unserer Hilfe, sondern als selbststän- dige Subjekte unserer Gesellschaft gesehen. Die Menschen, die zu uns kommen, bringen verschiedene Ressourcen, Erfahrungen und Qualifikationen mit. Unsere Aufgabe als Gesellschaft ist es, mitzuhelfen, dass Asylsuchende diese Potentiale hier in Deutschland einbringen können. Ein paternalistisches Verhalten, das die Menschen zu reinen Hilfsempfänger/innen degradiert, verhindert eine Aktivierung ihrer Selbsthilfepotentiale.

Angesichts der steigenden Zahlen von asylsuchenden Menschen in Deutschland durch die anhaltenden Konflikte, z. B. in Syrien, Afghanistan und Irak, gewinnt die Frage, was Kirchengemeinden tun können, um Flüchtlinge zu unterstützen, erneut an Relevanz. […]“

aus

Tag der Menschenrechte

Internationaler Tag der Menschenrechte 2013

Protestveranstaltung von Mission EineWelt zum Tag der Menschenrechte 2013 in Nürnberg

Der Tag der Menschenrechte wird am 10. Dezember begangen und ist der Gedenktag zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Mission EineWelt veranstaltet an diesem Gedenktag regelmäßig öffentliche Begegnungen. 2013 kamen dabei auch Asylsuchende in Nürnberg zu Wort und haben ihre Situation vor Ort und ihre Geschichte geschildert. Durch die Aktionen soll ein Bewusstsein um die bestehenden Probleme mit unserer Flüchtlingspolitik, aber auch mit der mangelenden Einhaltung der Menschenrechte in verschiedenen Ländern weltweit, entstehen. 2013 wurden zusätzlich auch die nachfolgende Audio-Beiträge öffentlich abgespielt, die den Umgang mit Asylbewerbern in Deutschland kontrastieren.

Zum Umgang mit Asylbewerbern

Interviews mit Flüchtlingen kontrastiert mit Auszügen aus den Nachrichten (Stand: 2013) © Evangelische Funkagentur (efa), www.epv.de, Christoph Lefherz

Acht unbegleitete (ehemals) minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan rappen gemeinsam

Rap „Isoliert von Afghanistan bis hier“ © Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Nürnberg, Referat Migration und Integration, Club 402 u.a.

„Alleine durchgeschlagen von Afghanistan bis hier…“ so beginnt das Lied mit dem Titel „Isoliert“, das acht unbegleitete (ehemals) minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan zusammen verfasst und im Tonstudio der Konrad-Groß-Schule auf CD aufgenommen haben. Es handelt von ihrem tristen, perspektivlosen Leben in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in Nürnberg, ihrem großen Integrationswillen, gleichzeitig aber auch von den vielen Steinen, die ihnen hierbei in den Weg gelegt werden sowie der defizitären Situation in ihrer Heimat Afghanistan. Die Jugendlichen wollen mit dem Lied wachrütteln und auf ihre desolate Situation aufmerksam machen.

Organisiert, unterstützt und durchgeführt wurde das Projekt von und mit dem Nürnberger HipHopper und Pädagogen Nemo Nemesis sowie der Diplom-Sozialpädagogin Dorothee Petersen/Referentin für gesellschaftspolitische Jugendbildung bei der Evangelischen Jugend Nürnberg und der Diplom-Sozialpädagogin Nicole Schwenger, Mitarbeiterin im Club 402.

Interkulturell evangelisch in Bayern

Seit 1. April 2013 ist es die Aufgabe von Aguswati und Markus Hildebrandt Rambe, als Pfarrerin und Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Beziehungen auszubauen zu evangelischen Gemeinden unterschiedlicher Sprache und Herkunft. Dabei soll ein Konzept entstehen, wie die interkulturelle Zusammenarbeit in Zukunft aktiv gestaltet werden kann – und dabei noch sichtbarer wird, dass wir Glieder an dem einen Leib Christi sind. Das können sie nicht alleine, sondern nur im kreativen Austausch und in der Vernetzung mit dir und Geschwistern, die hier in Bayern in den Sprachen dieser Welt Gott loben und ihr Christsein leben wollen. Der nachfolgenden Audio-Beitrag gibt einen Einblick in die Arbeit der Beiden.