„In den vergangenen Jahren hätte wohl nur ein Bruchteil der Öffentlichkeit etwas mit dem Begriff IS anfangen können. Das hat sich 2014 radikal geändert. Seitdem führt die Terrororganisation „Islamischer Staat“ im Nahen Osten einen „Heiligen Krieg“ von bisher beispiellosem Ausmaß. Jetzt hat der Terror auch Europa erreicht. Der IS hat sich zu den Terroranschlägen in Paris am 14.11.2015 bekannt, bei denen 130 Menschen starben und 350 verletzt wurden. „Acht Brüder“ mit Sprengstoffgürteln und Sturmgewehren hätten einen „gesegneten Angriff“ auf das „Kreuzzug-Frankreich“ verübt, hieß es in einer Erklärung des IS. Dieser Terror gilt allen Andersdenkenden und Anderslebenden.
Der Islamische Staat kontrolliert inzwischen das Gebiet im Nordosten Syriens und entlang des Euphrat bis in den Irak. Im Juni 2014 nahm die Terrorgruppe die zweitgrößte irakische Stadt Mossul ein und erklärte sie zu ihrer Hauptstadt. Nachdem die Dschihadisten Arbil, die Hauptstadt von Irakisch-Kurdistan, ebenso wie die irakische Hauptstadt Bagdad bedrohten, begannen US-Truppen mit Luftschlägen gegen die IS-Terrorgruppe im Irak und im September auch in Syrien. Weitere verbündete Länder folgten dem amerikanischen Beispiel.
Der IS unterwirft die Bevölkerung in den besetzten Gebieten mit Steinigungen, Hinrichtungen, Geiselnahmen und Folter. Die Gotteskrieger inszenieren sich in Gewaltvideos, mit denen junge Dschihadisten aus aller Welt für die Terrorgruppe geworben werden.[…]“
Auzug von der Website der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
Islamische Staat (IS)
Der IS, bis Juni 2014 Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS), auch unter der arabischen Abkürzung Daesh bekannt, ist eine seit 2003 aktive terroristisch agierende Miliz sowie ein dschihadistisches Staatsbildungsprojekt mit zehntausenden Mitgliedern, die derzeit große Gebiete im Irak und in Syrien und kleinere Gebiete in Libyen beherrscht. Der IS ist in verschiedenen Staaten aktiv, wirbt um Mitglieder für Bürgerkriege und andere Aktivitäten, verübt Terroranschläge und wird des Völkermords wie auch anderer Kriegsverbrechen beschuldigt.
Nach militärischer Eroberung eines zusammenhängenden Gebietes im Nordwesten des Irak und im Osten Syriens rief die fundamentalistische Organisation am 29. Juni 2014 einen als Kalifat bezeichneten Staat aus. IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi regiert diesen nach seiner eigenen Vorstellung über einen „Islamischen Staat“ als selbsternannter Kalif. Damit ist der Anspruch auf die Nachfolge des Propheten Mohammed als politisches und religiöses Oberhaupt aller Muslime verbunden. Auf seinem Gebiet gelten die Gesetze der Scharia, Frauen werden unter Androhung ihres Todes gezwungen, einen Schleier zu tragen.
Situation im Irak
Irak-Konflikt und ISIS / IS
Erklärvideo zum Irak-Konflikt und ISIS / IS © explain-it – Erklärvideos, 2014, youtube.de
„Der Irak ist in mehrfacher Hinsicht ein gescheiterter Staat. Das Staatsgebiet ist in drei Quasi-Staaten gespalten. Die Verwaltung funktioniert nur noch in den großen Städten. Die Wirtschaft ist im Niedergang begriffen. Soziale Probleme wie Vertreibung, Arbeitslosigkeit und Armut nehmen Überhand.“
Historische Entwicklungen im Irak
Der Irak verfügt über keine demokratischen Traditionen. Bis 1918 war er Teil des Osmanischen Reiches, stand in der Folge unter britischem Protektorat, um dann nach einem kurzen Intermezzo als Republik in die Hände der nationalistischen Baathpartei und schließlich von Saddam Hussein zu fallen. Hussein selbst galt in den 1980er Jahren zwar als autoritärer Herrscher, aufgrund seiner Prellbock-Funktion im acht Jahre andauernden ersten Golfkrieg (1980-1988) gegen den revolutionären Iran jedoch auch als nützlicher Verbündeter des Westens. Nach seiner Besetzung Kuwaits im August 1990 fiel der Diktator im Westen allerdings in Ungnade und der Irak wurde im zweiten Golfkrieg (1990/1991) weitgehend zerstört. Während sich das Regime Husseins jedoch weiterhin an der Macht halten konnte und zunehmend die Religion und tribale Strukturen als Mittel des Machterhalts erkannte, wurde das Land aufgrund des bis 2003 andauernden UN-Embargos nur unzureichend wieder aufgebaut.
Situation im 21. Jahrhundert – Der Irak ist tief gespalten
2003 wurde Saddam Husseins durch eine westliche Militärallianz im dritten Golfkrieg gestürzt. Der Irak geriet danach jedoch zunehmend in den Sog innergesellschaftlicher und regionaler Konflikte, die inzwischen auch seine Existenz bedrohen. Insbesondere die Auflösung der irakischen Armee und die aktive Förderung ethno-konfessioneller Strukturen beim Aufbau des neuen politischen Systems haben den Prozess und die Fragmentierung des Landesweiter verschärft. Interkonfessionelle Spannungen, vor allem zwischen sunnitischen und schiitischen Akteuren, wurden durch den von 2006 bis 2014 amtierenden Premierminister Nuri al-Maliki zusätzlich angeheizt. Arabisch-sunnitische Iraker wurden systematisch benachteiligt und unterdrückt und machten den aus Al-Qaida hervorgegangenen Islamische Staat (IS) in den sunnitisch geprägten Provinzen des Landes erst hoffähig.
Heute ist das Land politisch, konfessionell und territorial tief gespalten: Es stehen sich der fundamentalisitsche IS, die schiitischen Milizen und die kurdischen Peschmerga gegenüber. Ein Rumpfstaat im Zentrum und Süden des Landes befindet sich unter nomineller Kontrolle der Zentralregierung in Bagdad. Im Norden sind die Kurden dabei, einen autonomen Proto-Staat zu schaffen. Das Zentrum und der Westen befinden sich unter Kontrolle der Dschihadisten-Miliz des Islamischen Staates (IS), dessen Einflussgebiet bis weit nach Syrien hineinreicht.
Informationen nach Achim Rohde, 9.11.2015, Bundeszentrale für politische Bildung
Situation in Syrien
Bürgerkrieg und Kampf gegen IS-Terror
Begonnen hat der Konflikt ini Syrien im Frühjahr 2011 mit der Protestbewegung gegen die Regierung unter Präsident Baschar al Assad, der schnell in einem Bürgerkrieg mündete. Die Menschen forderten mehr Demokratie und wehrten sich gegen die Unterdrückung und die Zensur durch das Regime, das mit Härte gegen die Opposition vorgeht und viele Menschen verhaftet, foltert und tötet.
Seither bekämpfen sich Regierungs-Anhänger und Gegner. Verschiedeneste Gruppierungen wollen an die Macht und kämpfen um strategisch wichtige Städte. Auch die radikalislamistische Terrororganisation „Islamischer Staat“, die mittlerweile ca. 50% der Fläche Syriens im Norden und Osten unter ihre Kontrolle gebracht hat, ist weiterhin auf Expansionskurs und erobert immer wieder neue Gebiete.
Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen sind bereits mehr als 250.000 Menschen ums Leben gekomen, rund 10 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Und die Situation für die syrische Bevölkerung wird immer dramatischer: Vielen Menschen fehlt es am Notwendigsten zum Überleben. Mangels Perspektiven und aus Angst vor Verfolgung und Gewalt verlassen viele ihre Heimat.
UN-Flüchtlingskommissar António Guterres bezeichnet die Syrien-Krise als die dramatischste humanitäre Ausnahmesituation weltweit seit langer Zeit. Mehrere Millionen Syrer sind seit Beginn des Konfliktes über die Landesgrenzen geflohen. Die meisten haben in Jordanien, im Libanon und der Türkei Schutz gesucht. Hunderttausende haben sich auf eigene Faust auf den Weg nach Europa gemacht und setzen auf der Flucht ihr Leben aufs Spiel. Innerhalb der syrischen Grenzen zählen die Vereinten Nationen rund sieben Millionen Heimatvertriebene.
Verschiedene Interessen- und Unterstütze gruppen prallen auf einander
Seit sich Russland nun auch militärisch in Syrien engagiert, ist die Lage noch komplizierter und die Interessen der USA und ihrer westlichen Verbündeten prallen mit jenen Russlands aufeinander, da Putin Machthaber al-Assad unterstützt. Allein in einem Punkt sind sich alle einig, dass der „Islamische Staat“ ein gemeinsamer Feind ist, der bekämpft werden muss, umso mehr nun seit den jüngsten Terroranschägen auf Europa.
Informationen nach www.politische-bildung.de
Bürgerkrieg in Syrien – einfach erklärt
Syrien-Konflikt einfach erklärt © explainity® Erklärvideo, 06.08.2012 youtube.de
Historische Entwicklung der Konflikte in Syrien (ausführlicher)
Syrien: Ursprünge der Krise (1/2) © ARTE, 15.09.2012, youtube.de
Syrien: Regionale Auswirkungen der Krise (2/2) ) © ARTE, 19.09.2012, youtube.de
Beiträge zur aktuellen Situation vor Ort in Syrien
Lage der Kinder
UNICEF: Lage der Kinder in Syrien ist katastrophal © Christoph Prössl, NDR, Brüssel, 24.11.2015, tagesschau.de
Verschiedene Interessen im Syrienkonflikt
G20-Treffen: Wer will was in Syrien? © Bernd Großheim, WDR, Moskau , 15.11.2015, tagesschau.de
Vier Jahre Krieg, vier Jahre Flucht
Eine Multimedia-Reportage zum syrischen Bürgerkrieg und die Vertreibung im Irak vom „Bündnis Entwicklung Hilft“:
- Jesiden auf der Flucht aus Sindschar
- Kobane, eine befreite Stadt erwacht
- Verloren: Flüchtlingskinder im Libanon
- Traumatisierte Jugendliche in Jordanien